Nachteilsausgleiche

Nachteilsausgleich bei Studien- und Prüfungsleistungen

Die Hochschule muss dafür Sorge tragen, dass Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung in ihrem Studium nicht benachteiligt werden. Zudem müssen Prüfungsordnungen die besonderen Belange behinderter beziehungsweise chronisch kranker Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen. In der Regel ist daher in den Bestimmungen der Prüfungsordnungen ein Nachteilsausgleich vorgesehen. Bei Studienleistungen erfolgt die bedarfsgerechte Modifikation von Bedingungen oftmals durch Absprache zwischen dem Lehrenden und dem Studierenden mit Behinderung beziehungsweise chronischer Erkrankung. Bei Prüfungsleistungen ist von dem Studierenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung ein schriftlicher Antrag an das zuständige Prüfungsamt beziehungsweise den zuständigen Prüfungsausschuss oder, sofern einer solcher nicht existiert, an den Studiendekan zu richten. Der Antrag auf Nachteilsausgleich sollte von dem Prüfungsteilnehmer rechtzeitig, jedoch spätestens mit der Anmeldung zur Prüfung beziehungsweise dem Antrag auf Prüfungszulassung erfolgen. Hier sollte der Prüfling bereits die für ihn geeigneten Nachteilsausgleiche konkret darlegen und begründen. Beruft sich ein Prüfling erst, nachdem er die Prüfung bereits absolviert hat, auf seine Behinderung, so ist eine nachträgliche Aufhebung oder Neubewertung der Prüfung aus diesem Grund nicht möglich. Dem Antrag sind je nach Lage des Einzelfalls geeignete Nachweise beizufügen, um dem Prüfungsausschuss eine zügige und angemessene Entscheidung über die jeweiligen Prüfungsmodifikationen zu ermöglichen.

Nachweise

Geeignete Nachweise für einen Antrag auf Prüfungsmodifikation sind:

  • fachärztliches oder amtsärztliches Attest (verpflichtend)
    Zusätzlich:
  • Stellungnahme des Behindertenbeauftragten
  • Kopie des Schwerbehindertenausweises (sofern vorhanden)

Der Zweck des fachärztlichen beziehungsweise amtsärztlichen Attests ist es, die Notwendigkeit der behinderungsbedingten Anpassungen gegenüber der Universität oder Hochschule zu belegen.

Das Attest sollte folgende Elemente beinhalten:

  1. Datum der Diagnose. Das Attest sollte aktuell sein (nicht älter als ein Jahr).
  2. Beschreibung der funktionalen Einschränkungen bezogen auf Studienleistungen, insbesondere Wahrnehmung, Kognition, Verhalten und körperliche Funktionalität je nach Krankheitsbild
  3. Beschreibung der Entwicklungstendenz der Behinderung beziehungsweise chronischen Erkrankung
  4. Empfehlungen betreffend Unterstützungsmaßnahmen für das Studium (Strategien, Hilfsmittel, Unterstützungsbedarf)
  5. Konkrete Vorschläge für angemessene Maßnahmen bei Prüfungen (wie zum Beispiel Verlängerung der Bearbeitungszeit von Klausuren oder Verlängerung der Studienzeit)
  6. Wenn es sich um einen dauerhaften Zustand mit einer konstanten Funktionsbeeinträchtigung handelt, sollte dies im Attest vermerkt werden.

Beispiele für Nachteilsausgleiche bei Studien- und Prüfungsleistungen

  • Verlängerung der Bearbeitungszeit bei zeitabhängigen Studien- und Prüfungsleistungen (zum Beispiel Klausuren, Haus- und Abschlussarbeiten)
  • Unterbrechung von zeitabhängigen Studien- und Prüfungsleistungen (insbesondere Arbeiten unter Aufsicht) durch individuelle Erholungspausen, die nicht auf die (gegebenenfalls verlängerte) Bearbeitungszeit angerechnet werden dürfen
  • Aufteilung einer Prüfungsleistung in Teilleistungen
  • Ersatz von schriftlichen durch mündliche Leistungen und umgekehrt, zum Beispiel für Studierende mit einer Hörbehinderung oder Sprachbehinderung
  • Zulassung von Gebärdensprachdolmetschern sowie Bereitstellen von adaptierten (Prüfungs-) Unterlagen
  • Befreiung von der regelmäßigen Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen (mit Ausgleich der Anwesenheit durch Erbringen einer Ersatzleistung insbesondere bei dialysepflichtigen Studierenden)
  • Zulassen oder gegebenenfalls auch Bereitstellen von notwendigen Hilfsmitteln und Assistenzleistungen
  • Durchführung der Prüfung in einem gesonderten Raum, insbesondere bei an Epilepsie erkrankten Studierenden oder bei Studierenden mit Asperger-Syndrom

Es handelt sich bei einem Nachteilsausgleich nicht um eine Erleichterung, sondern nur um eine bedarfsgerechte Gestaltung von Bedingungen, um Studierenden mit Behinderung beziehungsweise chronischer Erkrankung das Absolvieren von Studien- und Prüfungsleistungen unter gleichwertigen Bedingungen zu ermöglichen. Es müssen im Vorfeld jeder Studien- und Prüfungsleistung nachteilsausgleichende Maßnahmen individuell festgelegt werden. In der Regel erfolgt ein Gespräch mit dem Fachstudienberater beziehungsweise dem Prüfungsausschuss mit dem Ziel, den Nachteilsausgleich angemessen umsetzen zu können. Nachteilsausgleichende Maßnahmen dürfen sich nicht auf die Bewertung von Studien- und Prüfungsleistungen auswirken. Behinderung ist nicht gleich Behinderung. Nachteilsausgleiche beziehen sich stets auf die individuellen Besonderheiten und Möglichkeiten von Prüflingen und sollen deren Chancengleichheit gegenüber nichtbehinderten Prüflingen wahren. Somit können auch keine allgemeinverbindlichen Angaben über Prüfungsmodifikationen getroffen werden. Generell sollte jedoch der Anspruch gelten, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die spezifischen Bedürfnisse der Prüflinge mit Behinderungen zu berücksichtigen.